Bericht aus Berlin

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Liebe Leser,mit allen guten Wünschen für einen guten Start ins Jahr 2003 berichte ich Ihnen aus Berlin.Das Jahr beginnt mit Lasten, Steuern und Arbeitslosen. Stimmung und Lage in Deutschland sind unverändert schlecht. Die Regierung hat es trotz einiger öffentlichkeitswirksamer Aktionen nicht vermocht, über den Jahreswechsel entscheidend aus ihrem Tief herauszukommen. In den nächsten Wochen werden zudem mit den Januar-Lohnbescheiden die jüngsten Koalitionsgesetze belastend in die konkrete Lebenswelt der Menschen Einzug halten.Die Arbeitsmarktzahlen für Dezember haben die schlimmen Befürchtungen erfüllt. Im Januar droht ein Anstieg auf 4,5 Millionen. Noch gravierender als das 5-Jahres-Hoch ist die Tatsache, dass anders als damals die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit ungebremst steigt. Überproportional betroffen sind die Jugendlichen und die Langzeitarbeitslosen, die Zahl der von der Statistik erfassten über-55-Jährigen hingegen sinkt – erkennbar kein Gang in die Beschäftigung, sondern in den Vorruhestand.Die Wirtschaftsinstitute senken ihre Wachstumsprognosen für 2003 auf unter 1%, sagen also weiterhin Stagnation voraus. Belastbare Zeichen für eine Wiederbelebung sind bisher nicht zu erkennen. Nur folgerichtig muss die Bundesregierung ihre eigene Voraussage von 1,5 % bereits nach zwei Monaten gleich um ein ganzes Drittel nach unten korrigieren. Mit dem schwächeren Wachstum wird auch dem Haushalt 2003 die finanzielle Basis entzogen. Rot-Grün ist also im Dezember sehenden Auges in eine unhaltbare Haushaltsberatung eingestiegen. Das Bundesfinanzministerium will eine Verfehlung der Defizitziele für die gesamte Legislaturperiode nicht mehr ausschließen. Mit dem Ausweichen in Schulden offenbart die Regierung Fatalismus und Mutlosigkeit, die starken Sprüche von gestern sind plötzlich verschwunden. Die EU-Kommission hat der Bundesregierung ein peinliches Ultimatum bis zum Mai gesetzt, um die öffentlichen Finanzen in Griff zu bekommen. Währungskommissar Pedro Solbes: „In der Eurozone gibt es ein klar identifizierbares Problem: Deutschland.“ (Handelsblatt 7.1.03) In dieser Situation erhebt die Union drei zentrale Forderungen:- Wir fordern die Vorlage eines neuen Haushaltsentwurfes 2003.- Wir lehnen den Weg in die Verschuldung und die weitere Missachtung des Wachstums- und Stabilitätspaktes ab.- Wir verlangen von der Bundesregierung, noch vor den Landtagswahlen offen zu legen, welche neuen Lasten sie den Bürgern zur Deckung des Defizits aufzuerlegen beabsichtigt.Absehbar ist, dass die Wachstumsschwäche Konsequenzen für Rente und Gesundheit haben wird. Weitere Defizite drohen spätestens im Herbst. Die Krise der Sozialversicherungen wird sich verschärfen. Der Beitragsstopp bei den Krankenkassen von November hat sich bereits praktisch in Luft aufgelöst. Die Sätze liegen inzwischen bei 14,3 bis 14,4%. Fazit: Die Halbwertzeit der rot-grünen Ankündigungen ist zu kurz, um von halbwegs seriösem Regieren einer Volkswirtschaft sprechen zu können. Was die Regierung sagt, stimmt nicht, und selbst wenn es einmal stimmen sollte, glauben die Bürger ihr nicht mehr. Auch die so genannte „Mittelstands-Offensive“ von Clement ist bei genauerer Betrachtung mehr als dürftig:Einer Entlastung von 35 bis 60 Mio. Euro stehen Belastungen von 6 Mrd. Euro Steuern und 9 Mrd. Abgaben allein in 2003 gegenüber. Schon an der lächerlich geringfügigen Entlastungssumme ist zu erkennen, dass in der Clement’schen Reformhülle eigentlich ein Eichel’scher Verweigerungskern steckt.Existenzgründer machen in den ersten Jahren regelmäßig wenig bis überhaupt keinen Gewinn. Die Vorschläge Clements bringen aber erst Vorteile ab einer Umsatzrendite von 50 %. Solche Traumjobs werden eigentlich nur in unseriösen Kleinanzeigen angeboten. Die Pläne zur Mittelstandsbank sind nicht neu, und die Mittelstandsbank selber auch nicht. Es handelt sich um die Zusammenlegung der langjährig bestehenden Deutschen Ausgleichsbank mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Am KfW-Gebäude wird de facto nur ein zweiter Eingang geschaffen und ein neues Firmenschild angebracht.Um die Pläne für eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge und Auslands-kapital ist es schnell wieder still geworden, seit die Erkenntnis um sich greift, dass in der von Eichel geplanten Ausgestaltung nicht mehr, sondern eher weniger Einnahmen erzielt würden. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Jörg-Otto Spiller hat das Problem haarscharf erkannt: „Das ganze Gesetz hat nur Sinn, wenn unter dem Strich Mehreinnahmen an den Fiskus fließen.“ (Quelle: Tagesspiegel 9.1.2003) Sicher sind aber nur die Mindereinnahmen durch die Senkung der Zinssteuer auf 25% von bisher bis zu 48,5%. Offen ist dagegen, ob tatsächlich in großem Stil unversteuertes Kapital aus dem Ausland nach Deutschland überführt wird. Angesichts wachsender Zweifel am Abgeltungsmodell dürften nach den Landtagswahlen auch die Vermögenssteuerpläne der SPD-Linken und einiger Ministerpräsidenten aufleben.Das Tarifergebnis im öffentlichen Dienst hat – neben dem erfreulichen Ergebnis, dass ein Streik vermieden wurde – vor allem weitere schwere Belastungen für die öffentlichen Haushalte mit sich gebracht. Es wird Arbeitsplätze kosten und den Trend zur Abkehr vom Flächentarif verstärken. Die Gewerkschaften werden sich aus der Verantwortung dafür nicht herausreden können. Die Bundesregierung hat mit ihrer Abgabenerhöhungspolitik eine für beide Seiten erträgliche Lohnfindung zusätzlich erschwert.Das Umfallen der Bundesregierung in der Irak-Krise setzt sich fort: Unter heftigem Lavieren und Finassieren schleichen sich Schröder und Fischer immer dichter an die Zustimmung zu etwaigen militärischen Maßnahmen gegen den Irak heran. Im Übrigen hat auch der Papst beim Neujahrsempfang vor Diplomaten auf die Möglichkeit militärischer Maßnahmen als ultima ratio hingewiesen. Es gibt weiterhin gute Chancen auf eine friedliche Lösung. Sie ist alle Anstrengungen wert und mit kluger Politik auch hoffentlich zu erreichen.Die Union hält Kurs: Wir halten am Ziel 3×40 fest. Wir verlassen auch den generellen Steuersenkungskurs nicht. Angesichts der Situation der öffentlichen Haushalte konzentrieren wir uns zunächst auf die Verhinderung der rot-grünen Steuererhöhungen. Dann folgen die Strukturreformen. Je länger ein Zug in die falsche Richtung gefahren ist, desto länger braucht es, bis man ihn zur letzten Weiche zurückgebracht hat und mit Volldampf auf das richtige Gleis setzen kann. Auch unser Kurs in der Zuwanderungspolitik gilt unverändert. Die Neuformulierung des Zuwanderungsrechtes wollen wir nutzen, um mit einem modifizierten Anwerbestopp die alten bürokratischen Regeln zu verbessern.Die Union hat das Jahr 2002 mit hervorragenden Werten in der Zustimmung der Bürger beendet. Diesen Schwung haben wir mit ins neue Jahr genommen, auch Dank unserer konstruktiv-kritischen Linie im Bundesrat.