Die Bundestagsabgeordneten Alexandra Dinges-Dierig (CDU), Gero Storjohann (CDU) und Thomas Stritzl (CDU) waren am Montag zu Gast am Forschungszentrum Borstel, um sich über die aktuelle Entwicklung und Herausforderungen auf dem Gebiet der Lungenforschung zu informieren und um die Forschungseinrichtung und den Klinikneubau zu besichtigen.
Welche Relevanz haben chronische Lungenerkrankungen im gesundheitspolitischen Kontext? Welche Gefahren drohen durch die Ausbreitung multiresistenter Tuberkulose? Was kann dagegen unternommen werden und welche Rolle spielt das FZB in diesem Zusammenhang? Diese Fragen erörterten und diskutierten der Zentrumsdirektor Prof. Stefan Ehlers, der Programmdirektor für den Bereich Infektionen Prof. Ulrich Schaible und der Klinikdirektor Prof. Peter Zabel am Montag gemeinsam mit den CDU-Bundestagsabgeordneten Alexandra Dinges-Dierig, Gero Storjohann und Thomas Stritzl.
Für Gero Storjohann war der Besuch unweit seines Heimatortes Seth Pflicht und Heimspiel zugleich. „Das Borsteler Institut und Krankenhaus ist eine Besonderheit in meinem Wahlkreis. Es ist mit seiner innovativen Forschung ein Leuchtturm in der Gesundheitsregion Segeberg, den ich gerne nach Möglichkeit unterstütze. Das imposante Herrenhaus ist ein architektonisch-historisches Kleinod mit besonderer Atmosphäre bei kulturellen Veranstaltungen“, erklärte der Bundespolitiker gleich zu Beginn des Treffens.
„ Gerade in Hinblick auf die Entwicklung von erfolgreichen Therapiestrategien bei chronischen oder hochinfektiösen Lungenerkrankungen ist das Zusammenwirken von angewandter Forschung und spezialisierter Klinikbehandlung wichtig. Die Einrichtung in Borstel ist“, nach Ansicht des Mitglieds des Bundesgesundheitsausschusses Thomas Stritzl aus Kiel, „ auch international gesundheitspolitisch von beispielgebender Bedeutung.“
„Ein besonderer Schwerpunkt in Borstel ist die Behandlung multiresistenter Tuberkuloseerkrankungen und die Erforschung von Therapiemöglichkeiten. Die Erkrankungen an Tuberkulose waren in Deutschland bereits deutlich zurückgedrängt. Durch die Globalisierung und mehr Mobilität steigt aber auch hier wieder die Gefahr an der Erkrankung dieser besonders schweren Form der multiresistenten Tuberkulose. Es ist daher besonders wichtig, Therapien zu erforschen um der weiteren Verbreitung der offenen TBS durch multiresistente Keime Einhalt zu gebieten und eine Lösung dafür zu finden, diese Therapien zu bezahlen.“, ergänzt die Bundestagsabgeordnete Alexandra Dinges-Dierig aus Lübeck, Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages.
Atemwegs- und Lungenerkrankungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt – in Deutschland sind allein 25% der Arbeitsunfähigkeitsfälle sowie 10 % der Sterbefälle darauf zurückzuführen. Neben Asthma, COPD und Lungenkrebs rückt aber auch eine weitere Lungenkrankheit immer stärker in den Fokus der Forschung: die Tuberkulose. Zwar ist die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland vergleichsweise gering, weltweit erkranken jedoch jährlich 9 Millionen Menschen an dieser Krankheit – 1,4 Millionen sterben daran. Sorgen bereitet den Wissenschaftlern und Medizinern vor allem der Anstieg an resistenten (MDR) und multiresistenten (XDR) Formen der Tuberkulose, die vor allem in Osteuropa und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion auf dem Vormarsch sind und auch in Deutschland zunehmen werden. Die Behandlung dieser Fälle, die bis zu zwei Jahre andauern kann, gestaltet sich schwierig und ist sehr kostenintensiv. Die Heilungschancen liegen bei nur 60-80% %. Auch in Borstel ist der Anstieg der Erkrankungszahlen bereits zu merken: Die Anzahl der Patienten, die mit einer resistenten Form der Tuberkulose eingewiesen werden, steigt seit 2013 merklich an und damit auch die Kosten, die bei der Behandlung entstehen. Zum Vergleich: Die Behandlung einer multiresistenten Tuberkulose kostet am Tag (ca. 590 Euro) so viel, wie die gesamte 6monatige Standardtherapie einer klassischen Tuberkulosebehandlung (ca. 470 Euro). „Wir möchten auf diese Problematik hinweisen und appellieren an die Politik, uns damit nicht allein zu lassen. Für diese Patienten ist ein Spezial-Versorgungs-Fonds notwendig, ansonsten ist eine Behandlung auf Dauer für uns nicht realisierbar. Von der vorübergehenden Isolierung und zielgerichtete Therapie der betroffenen Patienten profitiert ja letztlich die gesamte Bevölkerung, weil sich nur so Neuansteckungen verhindern lassen“, so Zentrumsdirektor Prof. Ehlers.
Bei der anschließenden Begehung des Geländes waren ebenfalls der Ausbau der Infrastruktur und die geplante Modernisierung des Haupt-Laborgebäudes zentrale Themen. Diese Schritte sind notwendig, um in Borstel die Rahmenbedingungen zu schaffen, die auch in Zukunft die Erfüllung aller gesetzlichen Auflagen ermöglichen und den Standort mit seinen 550 Arbeitsplätzen somit konkurrenzfähig halten. Bei der Besichtigung des Kernspinresonanz-Spektrometers (NMR) zur Darstellung und Charakterisierung von Molekülstrukturen und des Klinikneubaus wurde deutlich, dass das Forschungszentrum Borstel und die Medizinische Klinik durch seine moderne Ausstattung, die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die methodische Vielfalt optimal für die Grundlagen- und patientenorientierten Forschung ausgestattet ist. „Wir sind mehr als ein Krankenhaus auf dem Land“ erläutert Prof. Peter Zabel, „wir haben hier in Borstel das Know-how und die Kompetenz für eine umfassende Prävention, eine präzise Diagnostik und eine maßgeschneiderte und nachhaltige Therapie im Bereich der Lungenerkrankungen.“